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Zervikale Spinalkanalstenose
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Was ist eine zervikale Spinalkanalstenose?
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Es handelt sich hierbei um eine Einengung des Rückenmarkkanals (Spinalkanal) der Halswirbelsäule, die meistens durch Abnutzungserscheinungen (Degeneration) des Bewegungssegments verursacht wird. Durch die Verengung hat das Rückenmark (Myelon) nicht mehr ausreichend Platz, durch den Druck auf das Myelon und die abgehenden Nervenwurzeln kann es zum Auftreten von neurologischen Symptomen kommen.
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Wie entsteht eine zervikale Spinalkanalstenose?
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Die zervikale Spinalkanalstenose kann selten angeboren durch Fehlanlagen der Wirbel, Spina bifida oder Meningozelen entstehen. Sie kann auch erworben durch Tumorwachstum, entzündliche Prozesse, Brüche oder Verwachsungen nach Operationen entstehen. Meistens entsteht die zervikale Spinalkanalstenose durch degenerativen Umbau (Verschleiß) verschiedener Strukturen des Bewegungssegments.
Der Rückenmarkkanal der Halswirbelsäule ist in Höhe des 1.Halswirbels (C1) am weitesten, verjüngt sich nach unten und ist ab dem 5. Halswirbel (C5) am engsten, weshalb Spinalkanalstenosen der Halswirbelsäule häufig unterhalb von C4 auftreten.
Durch die Abnutzung der Bandscheiben und der damit verbundenen Minderung der Höhe des Bandscheibenfachs wird das statische Gefüge des Bewegungssegments verändert, wodurch es zu strukturellen Veränderungen kommt. Am Hinterrand der Wirbelkörper lagert sich neue Knochensubstanz (Osteophyten) an, man spricht von einer Retrospondylose. Die Wirbelgelenke (Facettengelenke) bauen sich knöchern um, die Gelenkkapsel verdickt, die Gelenkfläche wird arthrotisch zerstört (Spondylarthrose). Die processus uncinati werden knöchern umgebaut, es kommt zur Ausbildung einer Unkarthrose. Zusätzlich kommt es durch die zunehmende Instabilität des Bewegungssegments zu einer veränderten Belastung des Bandapparats der Wirbelsegmente. Dadurch entsteht eine Verdickung der Bänder, insbesonders des gelben Bandes, das sich zwischen den Wirbelbögen spannt (ligamentum flavum) und des hinteren Längsbandes (ligamentum longitudinale posterius).
Neben diesen Faktoren kann der Raum für das Myelon oder die Spinalnerven durch eine Bandscheibenprotrusion oder einen Bandscheibenprolaps einengt werden. Sämtliche strukturellen Umbaumechanismen können zu einer Einengung des Rückenmarkkanals, der Spinalnervenkanäle und ihrer Austrittsöffnungen führen, wodurch Druck auf das Rückenmark und die Spinalnerven mit entsprechender Symptomatik verursacht werden kann.
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Zervikale Spinalkanalstenose |
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Welche Symptome verursacht die zervikale Spinalkanalstenose?
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Durch Druck auf die abgehenden Spinalnervenwurzeln (Wurzelkompression) kommt es, dem Versorgungsgebiet des gequetschten Nervens entsprechend, zu ausstrahlenden Schmerzen in den Arm (Brachialgie). Diese durch Wurzelkompression entstandenen Symptome nennt man radikulär. Bei Zunahme der Kompression kommt es zu Gefühlsstörungen bis hin zur Lähmung, die Reflexe können ausfallen. Bei einer durch Abnutzung bedingten Spinalkanalstenose werden diese Symptome langsam zunehmend, bei einem Bandscheibenvorfall akut auftreten.
Die Schmerzausstrahlung in der Abhängigkeit vom betroffen Wirbelsegment können Sie aus der Tabelle ersehen.
Bereiche mit Schmerzen und Gefühlsstörungen
Segment |
Zonen mit Schmerzen und /oder Gefühlsstörungen |
Kennmuskel |
Reflexabschwächung |
C5 |
Schulter und seitlicher Oberarm |
m.deltoideus |
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C6 |
Radialer Ober-und Unterarm, Daumen |
m.biceps, m.brachioradialis |
Radiusperiost |
C7 |
Unterarmrücken, Mittel- und Zeigefinger |
Daumenballen, m.pronator teres |
Trizeps |
C8 |
Unterarmrücken, Klein- und Ringfinger |
Kleinfingerballen, mm.interossei, Fingerbeuger |
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Die radikuläre Ausstrahlung bei zervikaler Wurzelkompression |
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- Beim Provokationstest nach Spurling werden die Schmerzen der betroffenen Seite durch Neigung der Halswirbelsäule zur Seite, Kompression und Extension der Halswirbelsäule verstärkt. Druck- und Klopfschmerzen können ausgelöst werden.
- Bei längerem Bestehen einer Kompression des Rückenmarks kann eine Schädigung des Rückenmarks (Myelopathie) auftreten. Die zervikale Myelopathie entsteht aus der Kombination von Druckschädigung des Rückenmarks durch die bestehende Enge des Rückenmarkkanals, die bei Beugung noch verstärkt wird und einer Verschlechterung der Durchblutungsversorgung des Rückenmarks, da durch den bestehenden Druck die arterielle Blutversorgung gedrosselt und der venöse Abtransport verlangsamt ist. Durch den bestehenden erhöhten Druck kann es zur Ausbildung eines Ödems (Wasseransammlung) im Rückenmark kommen.
Diese Schädigung des Rückenmarks kann folgende Symptome zeigen:
- Gangunsicherheit, Schwäche der Beine
- Schwäche und Gefühlsstörungen der Hände
- Blasen- und Mastdarmentleerungsstörungen
- Potenzstörung Störung der Feinmotorik
- Reflexabschwächungen/Reflexverlust
- Positives Lhermitte-Zeichen (bei starkem Vorwärtsbeugen des Kopfes tritt ein elektrisierendes Gefühl auf, das vom Genick über die Schultern und Wirbelsäule in Arme und Beine ziehen kann)
- Auftreten von pathologische Reflexen
- Zusätzlich können die in der Tabelle beschrieben radikulären Symptome auftreten.
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Wie wird die zervikale Spinalkanalstenose festgestellt?
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Nach Erhebung der Krankengeschichte, klinischer und neurologischer Untersuchung kann die gestellte Verdachtsdiagnose durch bildgebende Verfahren,wie Nativaufnahmen mit Funktionsaufnahmen, Schichtaufnahmen durch Computertomographie oder Kernspintomographie mit oder ohne Kontrastmittelgabe, verifiziert werden. Die Myelographie kann durch Gabe von Kontrastmittel in den Duralschlauch (Rückenmarkschlauch) zusätzliche Informationen erbringen. Die Untersuchungen, bei denen wasserlösliches, vollständig resorbierbares Kontrastmittel in den Duralschlauch gegeben wird, können Nebenwirkungen wie Kopfschmerzen, Schwindel, Übelkeit und eine Reaktion auf das Kontrastmittel („Kontrastmittelallergie”) zeigen.
Durch die neurophysiologischen Untersuchungen EMG, ENG und evozierte Potentiale wird untersucht, ob Nervengewebe durch eine eventuell bestehende Kompression bereits geschädigt ist. Eine Dopplersonograpie kann zusätzliche Informationen über den Gefäßstatus der hirnversorgenden Schlagadern erbringen und eventuell bestehende Gefäßverengungen nachweisen.
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Wie wird die zervikale Spinalkanalstenose behandelt?
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Akute und zunehmende neurologische Ausfälle sollten rasch operiert werden. Bei bleibenden radikulären Symptomen und Schmerzen trotz adäquater konservativer Behandlung kann dem Patienten bei Übereinstimmung von radiologischem und klinischen Befund zur operativen Versorgung geraten werden.
Konservative Behandlung:
- Kurzfristige Ruhigstellung mit weicher Halskrause
- Wärmeanwendung gegen die verspannte Nackenmuskulatur
- Medikamentös über steroidhaltige Antiphlogistica, Schmerzmedikamente, Muskelrelaxantien
- Nach Rückgang der Schmerzen vorsichtiger Aufbau durch krankengymnastische Übungsbehandlung, isometrischen Spannungsübungen und Massagen
- CT-gesteuerte Infiltrationsbehandlung der Facettengelenke oder Nervenwurzelblockaden.
Operative Verfahren:
Ziel der Operation ist es, das Rückenmark und die Spinalwurzeln vom Druck zu befreien (Dekompression) und das instabile Segment operativ zu versteifen (Spondylodese). Abhängig vom jeweiligen Befund kommen Operationsverfahren mit Zugang von hinten (dorsal) oder vorne (ventral) zum Einsatz.
Der Einsatz von Operationsverfahren von vorne erlaubt die saubere Darstellung sämtlicher vorderen Anteile der Halswirbelsäule einschließlich der arteria vertebralis, die Präparation kann schonend innerhalb von vorgegebenen Weichteilsepten mit geringer Traumatisierung der Halsweichteile durchgeführt werden. Die Nachteile des vorderen Zugangs an der oberen Halswirbelsäule bestehen in der möglichen Schädigung folgender anatomischer Strukturen:
- nervus hypoglossus
- nervus laryngeus superior
- arteria carotis interna
- glomus caroticum
Die Nachteile des vorderen Zugangs im Bereich der unteren Halswirbelsäule bestehen in der möglichen Schädigung des:
- ganglion stellatum
- nervus laryngeus recurrens
Die Nachteile des hinteren Zugangs im Bereich der Halswirbelsäule sind:
- durch die erforderliche ausgedehnte Muskelablösung entsteht ein ausgedehntes Weichteiltrauma mit möglicher Schädigung folgender Muskeln: - musculus rectus capitis posterior minor - musculus obliquus capitis inferior
- mögliche Schädigung der arteria vertebralis im Bereich der oberen Halswirbelsäule
Die Wahl zwischen einem vorderen, einem hinteren oder einem kombinierten Zugangsweg ist von folgenden Faktoren abhängig:
- Lage und Ausdehnung des vorliegenden Prozesses
- Ausmaß der operativen Destabilisierung
- Wahl des Instrumentariums
- sagittalem Profil
In Abhängigkeit vom individuell vorliegenden Ausgangsbefund können folgende Operationstechniken bei der operativen Versorgung von zervikalen Spinalkanalstenosen zum Einsatz kommen:
- Ventrale Fusion nach Cloward-Robinson
- Dorsale Dekompression mit zervikaler Fusion
- Ventrale Corpectomie mit zervikaler Spondylodese
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