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Lumbale Spinalkanalstenose

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Was ist eine lumbale Spinalkanalstenose?

Es handelt sich um eine Verengung des Rückenmarkkanals (Spinalkanal) und der Kanäle (recesssus laterales) und Austrittsöffnungen (foramina intervertebralia) der abgehenden Spinalnervenwurzeln im Bereich der Lendenwirbelsäule.

Wodurch wird sie verursacht?

Die degenerative Veränderung der Bandscheibe mit Höhenverlust im Bandscheibenfach verursacht weitreichende Veränderungen im entsprechenden Bewegungssegment. Es kommt zum knöchernen Umbau der Wirbelkörper (Spondylose), die Wirbelgelenke werden durch die entstehende Fehlbelastung arthrotisch umgebaut, die Gelenkflächen werden zerstört, die Gelenkkapsel ist verdickt (Spondylarthrose). Das Bewegungssegment wird durch diese Veränderungen instabil, der stabilisierende Bandapparat der Wirbelsäule erschlafft in den betroffenen Segmenten. Inbesonders das gelbe Band (ligamentum flavum) und das hintere Längsband (ligamentum longitudinale posterius) verdicken. Man unterscheidet eine zentrale Einengung des Rückenmarkkanals und die Einengung der seitlich (lateral) liegenden Kanäle der abgehenden Spinalnervenwurzeln (Stenose des lateralen Rezessus).
Die strukturellen Umbaumechanismen des Bewegungssegments führen durch die Verdickung des ligamentum flavum und der Wirbelgelenke zur zentral gelegenen Verengung des Rückenmarkkanals. Die Verengung des lateralen Rezessus wird durch Anlagerung von Osteophyten an Teilen der Wirbelkörperhinterkante und der Wirbelbögen, sowie Anteilen des Facettengelenk und des Pedikels hervorgerufen. Tritt das Bandscheibenleiden in mehreren Bewegungssegmenten auf, kann dies zur Aufhebung der physiologischen Biegung der Lendenwirbelsäule führen. Die Aufhebung dieser Lendenlordose führt zu einer Verlagerung der Schwerpunktlinie der Wirbelsäule nach vorne. Durch die veränderten Schwerpunktverhältnisse werden die an der Wirbelsäule einwirkenden Kräfte (Biegungs- Dreh- und Scherkräfte) verändert.
Die bestehende Instabilität des Bewegungssegments kann in Verbindung mit einer gleichmäßigen Abnutzung der Bandscheiben (symmetrischer Degeneration) durch die verändert einwirkenden Kräfte zu einem Vorwärtsgleiten eines Wirbels führen (Spondylolisthesis), wodurch es auch zur Einengung des Spinalkanals kommen kann.
Bei Instabilität und ungleichmäßiger Abnutzung der Bandscheiben (asymmetrische Degeneration) kann es durch auftretende Rotationskräfte zur Ausbildung einer degenerativen Lumbalskoliose kommen. Sämtliche Veränderungen führen zur Verengung der Räume für das Rückenmark und die abgehenden Nerven, wodurch Druck auf die Nervenstrukturen ausgeübt wird.
Normales Bewegungssegment der Lendenwirbelsäule Durch Instabilität bewirken die veränderten Kräfteverhältnisse eine Verschiebung der Wirbel (Translation).
Die Verschiebung eines Wirbels nach vorn (Spondylolisthesis) führt zur Einengung des Spinalkanals. Spinalkanalverengung der Lendenwirbelsäule in Höhe L3/4 und L4/5.

Welche Symptome gibt es?

Schmerzen im betroffenen Segment, muskulärer Hartspann der Rückenmuskulatur im Lendenbereich, Schmerzen im Gesäß, schmerzhafte Triggerpunkte und Bewegungseinschränkung zeigen sich fast immer. Im Sitzen oder in Körperhaltungen, bei denen die Lendenwirbelsäule nach hinten gebogen (kyphosiert) wird, nehmen die Beschwerden oftmals ab, da durch diese Position der Bandapparat der Wirbelsäulensegmente gedehnt wird , wodurch der Platz im Rückenmarkraum erweitert wird und das Rückenmark entlastet wird.
Symptome, wie lokale und ausstrahlende (radikuläre) Schmerzen, motorische und sensible Ausfälle bis hin zu Lähmungen, hängen von der jeweiligen Höhe des betroffenen Wirbelsäulensegments ab.

Die lumbalen Wirbelsegmente
Verteilungsmuster der Schmerzen und Sensibilitätsstörungen bei radikulären Symptomen durch Nervenwurzelkompression der lumbalen spinalen Segmente.

Die Areale der Schmerzempfindung und Sensibilitätsstörung, sowie die Muskeln, die in der Motorik gestört sein können, sind in der Tabelle aufgeführt.

Lenden-
Wirbel-
segment
Region der empfundenen Schmerzen und der Gefühlsstörungen Kennmuskel der motorischen Störung Reflexabschwächung Dehnungsschmerz der Nerven
L1/L2 Leistengegend Iliopsoas   Dehnungsschmerz des nervus femoralis
L3 Außen-und Vorderseite des Oberschenkels Iliopsoas, Quadrizeps Patellarsehnenreflex Dehnungsschmerz des nervus femoralis
L4 Außen-und Vorderseite des Oberschenkels, Innenseite von Unterschenkel und Fuß Quadrizeps Patellarsehnenreflex Dehnungsschmerz des nervus femoralis positiver Lasègue
L5 Außenseite Unterschenkel, innen liegender Fußrücken, Großzehe Extensor hallucis longus   positiver Lasègue
S1 Hinterseite Unterschenkel, Ferse, äußerer Rand der 3.-5. Zehe Trizeps surae Achillessehnenreflex positiver Lasègue

Die lateralen Spinalkanalstenosen lösen durch Druck auf die Spinalnerven ein- oder beidseitige Wurzelreizerscheinungen aus, die der Höhe des betroffenen Wirbelsegments entspricht. Die zentralen Spinalkanalstenosen bewirken diffuse Schmerzen und Schwäche in den Beinen beim Laufen und Stehen, beim Liegen oder Sitzen sind die Beschwerden rückläufig. Man spricht bei dieser Symptomatik von einer neurogenen Claudicatio. Bei massivem Druck auf das Rückenmark kann es zum Caudasyndrom, zur Schädigung des verlängerten Rückenmarks, mit Lähmungserscheinungen an den Beinen und Störungen der Blasen-und Mastdarmfunktion kommen.

Gibt es Erkrankungen, die eine ähnliche Symptomatik zeigen können (Differentialdiagnose)?

Da die lumbale Spinalkanalstenose ein breites Spektrum an Symptomen aufzeigen kann, ist es möglich, dass auch andere Krankheiten diese Symptome verursachen. Krankheiten mit ähnlichem Beschwerdebild sind:
Lumbaler Bandscheibenvorfall, Spondylolisthesis, Spinale Tumoren, Entzündungen (Spondylodiszitis, epiduraler Abszess, Borreliose), Arthrose des Iliosakralgelenks, Hüftarthrose, Durchblutungsstörung der Becken- und Beinschlagadern, Bauchaortenaneurysma, Neuropathien.

Wie wird die Diagnose gestellt?

Nach Erhebung der Krankengeschichte, klinischer und neurologischer Untersuchung kann die gestellte Verdachtsdiagnose durch bildgebende Verfahren wie Nativaufnahmen mit Funktionsaufnahmen, Schichtaufnahmen durch Computertomographie oder Kernspintomographie mit oder ohne Kontrastmittelgabe verifiziert werden. Die Myelographie kann durch Gabe von Kontrastmittel in den Duralschlauch (Rückenmarkschlauch) zusätzliche Informationen erbringen. Die Untersuchungen, bei denen wasserlösliches, vollständig resorbierbares Kontrastmittel in den Duralschlauch gegeben wird, können Nebenwirkungen wie Kopfschmerzen, Schwindel, Übelkeit und eine Reaktion auf das Kontrastmittel („Kontrastmittelallergie”) zeigen. Durch die neurophysiologischen Untersuchungen EMG, ENG und evozierte Potentiale wird untersucht, ob Nervengewebe durch eine eventuell bestehende Kompression bereits geschädigt ist. Eine Dopplersonograpie kann zusätzliche Informationen über den Gefäßstatus der Haupt- und Beinschlagadern erbringen und eventuell bestehende Gefäßverengungen nachweisen.

Wie wird behandelt?

Konservativ:

Bei bestehenden Beschwerden wird zunächst eine konservative Behandlung mit Schmerzmedikamenten, Infiltration von örtlichen Betäubungsmitteln in die Facettengelenke, Gabe von antiphlogistischen (entzündungshemmenden) und Cortisonhaltigen Medikamenten in Kombination mit physikalischer Therapie durchgeführt. Krankengymnastik, manuelle Therapie, Akupunktur und Neurostimulation können eine Linderung bewirken.

Operativ:

Bei Krankheitsbildern mit Lähmungen und sensomotorischen Ausfällen muss das gequetschte Rückenmark rasch operativ entlastet werden (Dekompression), um bleibende Schäden zu vermeiden. Spinalkanalstenosen, die trotz längerer adäquater konservativer Behandlung keine Besserung der Symptomatik zeigen, werden in der Regel ebenfalls operativ versorgt. Je nach vorliegendem Befund kann die Entlastungsoperation des Rückenmarks (Dekompression) in einer oder mehreren Wirbelsäulenetagen ausgeführt werden. Es kommen rein dekomprimierende Operationsverfahren, wie Eröffnung des recessus lateralis, Laminektomie, Hemilaminektomie oder Laminotomie zur Anwendung, die für Entlastung des eingeengten Rückenmarks und Spinalnerven sorgen.
Bei Befunden, die sich über mehrere Etagen erstrecken und zur Dekompression tragende Knochenstruktur der Wirbel entfernt werden musste, wird zusätzlich eine Versteifungsoperation (Fusionsoperation) durchgeführt, um eine Instabilität der Wirbelsäule zu vermeiden.
Bei der operativen Versorgung von lumbalen Spiunalkanalstenosen werden in Abhängigkeit vom Ausgangsbefund folgende Operationsverfahren häufig eingesetzt:

  • Mono/bisegmentale Dekompression und Fusion in TLIF- oder ALIF-Technik
  • Dorsale Dekompression mit dorsolateral instrumentierter Fusion
  • Dorsale Dekompression mit dorsaler Instrumentation und ventraler Abstützung
  • Corpectomie mit lumbaler Spondylodese