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Degenerative Lumbalskoliose
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Was ist eine degenerative Lumbalskoliose?
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Es handelt sich um ein Krankheitsbild im Bereich der Lendenwirbelsäule, das sich durch degenerative multisegmentale Veränderungen der Bewegungssegmente (Verschleiß in mehreren Lendenwirbeletagen) entwickelt und eine Seitabweichung der Wirbelsäule in der Frontalebene (Skoliose), eine Verengung des Rückenmarkkanals (Spinalkanalstenose), sowie Instabilität der Wirbelsegmente zeigt.
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Wie wird diese Erkrankung verursacht?
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Die Bandscheiben unterliegen einem normalen Alterungsprozess, der sich durch einen veränderten Stoffwechsel der Bandscheibe und Fehlbelastung der Wirbelsäule entwickelt. Die Bandscheiben verlieren ihre Elastizität, es zeigen sich Risse im äußeren Faserring (anulus fibrosus), der innere Gallertkern (nucleus pulposus) wird durch den Wasserverlust derb und es kann zu Höhlenbildungen im Bandscheibengewebe mit Gasansammlungen kommen (Vakuumphänomen). Diese ersten Veränderungen der Osteochondrose zeigen sich im Röntgenbild durch einen Höhenverlust des Zwischenwirbelraums.
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Röntgen der Lendenwirbelsäule seitlich: Osteochondrose L5/S1 mit Verschmälerung des Bandscheiben- fachs L5/S1. |
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In der Folgezeit können sich Bandscheibenverlagerungen (Protrusion) oder Bandscheibenvorfälle (Prolaps) mit Kompression auf das Rückenmark und die Spinalnerven einstellen. Dieser Abnutzungsprozess der Bandscheiben setzt gravierende Veränderungen der Stabilität des Bewegungssegments in Gang. Die Bandscheiben können die auftreffenden Kräfte nicht mehr dämpfen, die veränderten Druckverhältnisse bewirken einen Anbau von neuer Knochensubstanz an den Wirbeln, es kommt zur Spondylose.
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Spondylose L2-L5 mit exophytären Ausziehungen an den Grund- und Deckplatten, Höhenminderung. |
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Das Wirbelsegment wird instabil, durch die veränderten Scherkräfte kommt es zur strukturellen Veränderung der kleinen Wirbelgelenke mit asymmetrischer Arthrose der Gelenkflächen (Spondylarthrose).
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Arthrose der kleinen Wirbelgelenke (Spondylarthrose) |
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Der komplexe Bandapparat, der die Wirbel untereinander stabilisiert, wird gedehnt und verdickt (Hypertrophie), wodurch ein weiteres destabilisierendes Element hinzukommt. Sämtliche bisher gezeigten Entwicklungsschritte führen zu einer Dysbalance des Bewegungssegments, das normalerweise in einem Gleichgewichtszustand zwischen intakter Bandscheibe und stabilisierendem Bandapparat steht, wobei die Wirbelgelenke als Drehpunkt wirken. Die Instabilität und Gefügelockerung verändert in der Folgezeit die normalen Winkelverhältnisse der einzelnen Segmentstrukturen zueinander. Durch einen zunehmend erweiterten Wirbelbogenwinkel (Winkel zwischen der Achse der unteren Wirbelgelenke und der Wirbelbogenwurzel) kann ein Vorwärtsgleiten eines Wirbels (Pseudo- Spondylolisthesis) verursacht werden. Dieses degenerative Wirbelgleiten sieht man fast ausschließlich am 4. Lendenwirbel, selten in den Wirbeletagen L3/L4 oder L5/S1.
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Wirbelgleiten nach vorn (Pseudolisthesis L4) |
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Durch die genannten Veränderungen des Wirbelsegments, die Instabilität verursacht durch Spondylose, Spondylarthrose, Bandscheibendegeneration mit Prolaps oder Protrusion sowie dem degenerativen Wirbelgleiten kann es zur Ausbildung einer Verengung des Rückenmarkkanals kommen (Spinalkanalstenose).
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Lumbale Spinalkanalstenose L3-L5 |
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Die degenerative Lumbalskoliose entsteht durch das multisegmentale Auftreten der oben geschilderten Mechanismen im einzelnen Bewegungssegment. Eine asymmetrische (ungleiche) Abnutzung der Bandscheiben scheint zusätzlich eine bedeutende Rolle zu spielen. Treten diese Veränderungen in mehreren Lendenwirbeletagen übereinander auf, kommt es durch die ausgeprägte Instabilität zu einer Seitabweichung der Lendenwirbelsäule und zur Ausbildung einer skoliotischen Deformität. Durch die bestehende Instabilität kommt es zum Verlust der Rotationskontrolle der Lendenwirbelsäule, wodurch die physiologische Krümmung der Lendenwirbelsäule (Lordose) aufgehoben wird und das normale sagittale Wirbelsäulenprofil verloren geht.
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Degenerative Lumbalskoliose mit ausgeprägten Veränderungen der Wirbelkörper, Seitabweichung und Aufhebung der Lendenlordose. |
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Welche Diagnostik wird durchgeführt?
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Zunächst erfolgen Befragung, körperliche und neurologische Untersuchung. Über Röntgenaufnahmen der Lendenwirbelsäule, Computer- oder Kernspintomographie kann das Ausmaß der bestehenden knöchernen Veränderungen, eine bestehende Seitabweichung der Wirbelsäule, Bandscheibenvorfälle oder eine Verengung des Rückenmarkkanals festgestellt werden. Elektrophysiologische Untersuchungen weisen eventuell bestehende Schädigungen des Rückenmarks oder der Spinalnerven nach.
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Die Lendenwirbelsäule ist schmerzhaft, bei bestehender Skoliose ist die Seitabweichung vom Körperlot zu sehen, die Lendenmuskulatur ist verspannt.
Die Lumbalskoliose kann sämtlich Symptome, die durch lumbale Bandscheibenleiden und die lumbale Spinalkanalstenose hervorgerufen werden, aufzeigen.
Abhängig von der Lokalisation eines Bandscheibenvorfalls oder einer bestehenden Spinalkanalstenose mit Druck auf das Rückenmark oder die Spinalnerven können lokale und in die Beine ausstrahlende Schmerzen und Gefühlsstörungen als Zeichen einer neurogenen Claudicatio auftreten.
Bei ausgeprägten Befunden kann durch Kompression des Rückenmarks ein Caudasyndrom mit Störung der Blasen-und Mastdarmfunktion auftreten. Mit Zunahme der Wirbelsäulendeformierung kann es zu einer deutlichen Einschränkung der Lebensqualität kommen.
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Die konservative Behandlung erfolgt durch Krankengymnastik, isometrischen Übungen zur Stabilisierung der Rückenmuskulatur und physikalischen Anwendungen. Schmerz- und entzündungshemmende Medikamente, Infiltrationsbehandlung mit Lokalanästhetika und Kortikoiden, gegebenenfalls das Tragen eines Stützkorsetts können eine Linderung bewirken.
Das operative Vorgehen verfolgt als Ziel die Reduzierung von Schmerzen, Dekompression des Rückenmarks und der Spinalnerven, die Wiederherstellung des frontalen und sagittalen Wirbelsäulenprofils und Vermeidung von weiterer Instabilität. Bei bestehendem Caudasyndrom oder rasch zunehmenden neurologischen Defiziten muss zügig eine operative Dekompression des Rückenmarks und der Nervenwurzel durchgeführt werden (absolute Operationsindikation).
Abhängig von der jeweilig vorliegenden Befundkonstellation gibt es verschiedene Operationsverfahren zur operativen Versorgung der degenerativen Lumbalskoliose. Das jeweilige Operationsverfahren muss immer individuell abgestimmt werden. Grundsätzlich gilt jedoch, dass die Mehrzahl der Eingriffe ausschließlich von hinten(dorsal) ausgeführt werden können. Operationen mit einem Zugang von vorne (ventral) sind dann erforderlich, wenn durch dorsale Maßnahmen die Fehlstellung der unteren Lendenwirbelsäule nicht beseitigt werden kann oder wenn die ausgeprägte lumbale Kyphose alleine durch dorsale Verfahren nicht genügend korrigiert werden kann.
Folgende Operationsverfahren werden bei der degenerativen Lumbalskoliose häufig eingesetzt:
- Mehrsegmentale Dekompression mit Fusion in TLIF- oder ALIF-Technik
- Dorsale Aufrichtungsspondylodese mit ausschließlich dorsolateraler Fusion
- Pedikel-Substraktionsosteotomie in Kombination mit mehrsegmentaler Spondylodese in TLIF- oder ALIF-Technik
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