Die Untersuchung der Nerven hat in der Wirbelsäulenorthopädie eine wesentliche Bedeutung, da durch die orientierende neurologische Untersuchung geklärt werden kann, ob neurologische Auffälligkeiten, wie motorische oder sensible Ausfälle, Lähmungen oder eine Störung der Blasen- und Mastdarmfunktion vorliegen.
Bei akut aufgetretenen neurologischen Ausfällen muss die weitere Abklärung rasch durchgeführt werden. Untersucht werden:
• Muskeleigenreflexe, mit denen die Funktionsfähigkeit des 2. Motoneurons in den jeweiligen Wirbelsäulenabschnitten überprüft wird. Der Reflex wird durch eine passive Dehnung der Muskulatur ausgelöst, zum Beispiel durch den Schlag mit dem Reflexhammer auf die Kniescheibensehne.
• Fremdreflexe sind Reflexe, die ihren Effekt an einer anderen Stelle, nicht am Auslösungsort, hervorrufen. Beim Bauchdeckenreflex wird durch Streichen der Bauchhaut eine Kontraktur der Bauchmuskulatur ausgelöst.
• Pathologische Reflexe sind Zeichen einer Schädigung der Pyramidenbahn und können beim Gesunden nicht ausgelöst werden.
• Überprüfung der Ischiasdehnungszeichen:
- Lasègue: Das gestreckte Bein wird passiv angehoben und der Winkel angegeben, bei dem ein plötzlicher heftiger Schmerz in Rücken und Bein auftritt. Ein Lasègue-Zeichen über 60° spricht eher für einen Beckenkippschmerz bei degenerativen Veränderungen am lumbosakralen Übergang als für eine Nervenwurzelaffektion.
- Bragard: Das Bein wird unter die Schmerzgrenze des Lasègue-Zeichens gesenkt und der Fuß passiv dorsal flektiert, es sollte derselbe Schmerz auftreten wie bei der Prüfung nach Lasègue.
- Turyn: Es wird verfahren wie bei der Prüfung nach Bragard, aber die Großzehe dorsal flektiert.
- Gekreuzter Lasègue: Beim Heben des Beines auf der gesunden Seite entsteht auf der kranken Seite ein Schmerz wie bei der Prüfung nach Lasègue, der gekreuzte Lasègue ist beweisend für eine Nervenwurzelbeeinträchtigung.
- Bonnet: Ischiasschmerz bei Adduktion und Innenrotation des im Knie gebeugten Beines, auch das Lasègue-Zeichen wird früher positiv, wenn das Bein in leichte Adduktion und Innenrotation überführt wird
- Valleixsche Druckpunkte: druckempfindliche Punkte im Verlauf des N. ischiadicus über LWK4 oder 5, dem Kreuzbein-Darmbeingelenk, direkt unterhalb der Gesäßfalte, in der Kniekehle und hinter dem Außenknöchel
• Sensibilitätsprüfung
Die Hautareale, die durch bestimmte Spinalnerven versorgt werden, nennt man Dermatome.
Wenn Gefühlsstörungen in einem dieser Dermatome auftreten, kann man durch die Zuordnung der Dermatome zu bestimmten Spinalnerven Rückschlüsse auf die Höhe des betroffenen Wirbelsegments ziehen.
• Prüfung der groben Kraft der Muskelgruppen
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