Die entzündlichen Erkrankungen der Wirbelsäule können in die Gruppe der nicht infektiösen Krankheitsbilder des rheumatischen Formenkreises, wie zum Beispiel die Rheumatoide Arthritis oder die Spondylitis ankylopoetica und in die Gruppe der infektiös entzündlichen Krankheitsbilder eingeteilt werden. Als Ursachen für einen infektiös entzündlichen Befall der Wirbelsäule kennt man:
1. Spondylodiszitis durch bakterielle Infektion
Der bakterielle Befall der Wirbelsäule wird in eine spezifische und eine unspezifische Untergruppe eingeteilt. Zu den wichtigsten Erregern der spezifischen bakteriellen Spondylodiszitis zählt man:
Mycobacterium tuberculosae, der Erreger der Tuberkulose, ist ein säurefestes unbewegliches Stäbchenbakterium, das meist durch Tröpfcheninfektion (aerogen), seltener durch Hautverletzungen oder oral übertragen wird und weltweit vorkommt. Die Tuberkulose befällt in der Regel die Lunge oder das Urogenitalsystem (Niere und ableitende Harnwege) als Primärherd. Von dort können Tuberkelbakterien über die Lymphwege zur Wirbelsäule gelangen. An den Wirbeln führt der Befall zu verkäsenden Nekrosen (Gewebeuntergang) mit Granulombildung, Osteomyelitis (Entzündung von Knochen und Knochenmark) und Abszessen, die durch Eindringen in den Rückenmarkkanal zur Kompression des Rückenmarks und zu Lähmungen führen können. Die Destruktion der Wirbel und das fortschreitende Übergreifen auf benachbarte Wirbel kann zur Ausbildung einer kyphotischen Fehlstellung der Wirbelsäule bis hin zur typischen Gibbusbildung („Buckel”) führen. Die unbehandelte Tuberkulose im Endstadium weist die typische
„Pott-Trias” auf: Gibbusbildung durch Wirbeldestruktion, Lähmung (Paraplegie) durch Eindringen der Wirbelabszesse in den Rückenmarkkanal oder bei fortschreitender Gibbusbildung durch Einengung und Kompression des Rückenmarks, sowie Abszessbildung im Bereich des Psoasmuskels durch Fortleitung der Wirbelabszesse.
Mycobacterium leprae, der Erreger der Leprakrankheit („Aussatz”), ist ein grampositives, säurefestes Stäbchenbakterium, das durch Tröpfcheninfektion von Mensch zu Mensch übertragen wird.
Lepra tritt hauptsächlich in den Tropen und Subtropen auf und führt zu einer granulomatösen Entzündung, die sich über das Nervensystem, die Blutbahnen und die Lymphwege ausbreitet. Es kommt zur Ausbildung von knotigen Veränderungen in der Haut und den peripheren Nerven, wodurch Gefühlsstörungen und Lähmungen an Armen und Beinen, sowie häufig eine Lähmung des Gesichtsnerven auftreten kann. Die veränderten Areale (Leprome) können zur Zersetzung ganzer Körperregionen führen. An der Wirbelsäule können ähnliche Symptome wie bei dem Befall mit Tuberkelbakterien auftreten.
Brucellabakterien, die Erreger der Brucellose (Bangsche Krankheit, Maltafieber) sind kleine, unbewegliche, gramnegative Stäbchenbakterien, die von Tieren (Hund, Rinder, Schweine, Schafe und Ziegen) auf den Menschen übertragen werden. Neben Fieberschüben, Leber- und Milzschwellungen kann es zu einem entzündlichen Befall der Wirbel (Spondylitis), zu Entzündungen der Knochen (Osteomyelitis), Schleimbeutelentzündungen (Bursitis), Gelenkentzündungen, Hirnhautentzündung (Meningoenzephalitis), zu Infektionen des Urogenitaltrakts und zu Entzündungen der Herzklappen und Herzhäute kommen.
Salmonella typhosa, die eine schwere bakterielle ansteckende Erkrankung des Verdauungstrakts hervorrufen, gehören zu einer großen, gramnegativen Gruppe von Stäbchenbakterien, die durch direkte orale Aufnahme von verschmutztem Wasser oder infizierter Nahrung, seltener durch Schmierinfektion übertragen werden. Die Bakterien werden über den Mund aufgenommen, gelangen in den Dünndarm und vermehren sich nach Durchwanderung der Darmwand in den regionären Lymphknoten. Über die Blutbahnen erfolgt dann die bakterielle Aussaat in die Leber, Milz, Nieren, Darm, Hirnhäute, Gelenke, Knochen und Knochenmark. Im Vollbild der Erkrankung können, neben der Osteomyelitis und der Spondylitis typhosa (Entzündung der Wirbel) als Komplikation an der Wirbelsäule, auch Herzmuskelentzündungen, Hirnödem (Hirnschwellung), Durchbruch des Dünndarms durch auftretende Darmgeschwüre mit Peritonitis (Bauchfellentzündung) und Herz- Kreislaufversagen auftreten.
Zu den wichtigsten Vertretern der unspezifisch bakteriellen Spondylodiszitis zählt man folgende Bakterien:
- Staphylokokkus aureus
- Staphylokokkus epidermidis
- Streptokokkus viridans
- Escherichia coli
- Pseudomonas aeruginosa
- Pneumokokken
- Clostridium perfringens
- Proteus mirabilis
Diese Bakterien können teilweise eitrige Entzündungen, Lungen- oder Harnwegsentzündungen hervorrufen, die dann durch Keimverschleppung vom primären Entzündungsherd über die Blut- oder Lymphbahnen auch die Wirbelsäule besiedeln können, dort zu Abszessen und Einschmelzung der Wirbel und Bandscheiben führen, wobei es durch Einbruch der Abszesse in den Rückenmarkkanal zu schweren neurologischen Komplikationen kommen kann. Der bakterielle Befall der Wirbelsäule kann, neben einem primären Entzündungsherd wie eine Lungenentzündung oder eine Entzündung im Bauch- oder Beckenraum (endogene Ursache), auch durch so genannte exogene (von außen kommende) Faktoren wie Schuss- oder Stichverletzungen mit Eindringen dieser Bakterien oder durch Infektionen nach einer Operation erfolgen (iatrogen).
2. Spondylodiszitis durch nicht bakterielle Ursache
Insbesonders bei immungeschwächten Patienten, Schwerkranken oder Intensivpatienten können Entzündungen der Wirbel und Bandscheiben auch durch Viren, Pilze (Candida albicans, Aspergillus ) oder durch parasitären Befall mit dem Hunde-, Schafs- oder Fuchsbandwurm (Echinokokkus) hervorgerufen werden, wobei der Echinokokkusbefall an der Wirbelsäule zu ausgeprägten Zystenbildungen an der Wirbelsäule führen kann.