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Definition

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Was bedeutet Verletzung der Wirbelsäule?

Die Wirbelsäule ist das zentrale Achsenorgan des Menschen. Sie muss große statische und dynamische Kräfte auffangen und weiterleiten. Zusätzlich übernimmt sie die Schutzfunktion für das Rückenmark (Myelon) und die abgehenden Spinalnerven. Bei einem Trauma können verschiedene Kräfte auf die Wirbelsäule einwirken, die zu Frakturen (Brüchen) und Dislokationen (Verschiebungen) der knöchernen Strukturen des Wirbels und der Wirbelgelenke, zu Schädigung des Gelenkknorpels und zu Zerreißungen des stabilisierenden Bandapparats, zu Verletzungen der Bandscheibe, des Rückenmarks und der Spinalnerven führen können.
Wirbelsegment im Querschnitt Wirbelsegment mit Rückenmark und Spinalnerven

Behandlungsversuche von Wirbelsäulenverletzungen gibt es schon lange, bereits in der Epoche der Ägypter wurde von Imhoptep (2682-2613 v. Chr.), einem Arzt und Wesir, erstmals das klinische Bild einer kompletten Rückenmarksdurchtrennung mit allen wichtigen Symptomen in einem Papyrus beschrieben. Hippokrates entwickelte ca. 1400 v. Chr. eine Extensionsbank, mit der er Wirbelbrüche und Deformitäten der Wirbelsäule durch Streckung behandelte. Paulus von Aegina, der wahrscheinlich im 7. Jahrhundert n. Chr. in Alexandria wirkte, beschrieb in einem chirurgischen Buch erstmals, dass „ein auf das Rückenmark drückendes Knochenstück zu entfernen sei”. In der Folgezeit wurden verschiedene manualtherapeutische und Extensionsverfahren zur Behandlung von Wirbelbrüchen beschrieben. Die Entdeckung der Röntgenstrahlen durch den Physiker Wilhelm Conrad Röntgen, deren Wirkung und Aussagekraft er erstmals im Januar 1896 der Öffentlichkeit vorstellte, war ein Meilenstein in der Diagnostik und ein Wegbereiter in der Weiterentwicklung der Wirbelsäulenchirurgie. Die operative Versorgung von Wirbelsäulenverletzungen hat in den letzten Jahrzehnten eine rasche Weiterentwicklung von eingesetzten Materialien und Operationstechniken vollzogen, weshalb es heute mit der zusätzlich vorhandenen sehr differenzierten intensivmedizinischen prä- und postoperativen Behandlung Schwerstverletzter möglich ist, auch komplizierte Befunde mit sehr guten Ergebnissen operativ zu behandeln.

Welche Verletzungsmechanismen gibt es an der Wirbelsäule?

Bei einem Trauma können verschiedene Kräfte auf die Wirbelsäule einwirken, die spezielle Verletzungsmuster an den verschiedenen Strukturen der Wirbelsäule hervorrufen können. Man unterscheidet:
  • Extensionskräfte (Zugkräfte)
  • Kompressionskräfte (Stauchungskräfte)
  • Flexionskräfte (Beugungskräfte)
  • Rotationskräfte (Drehungskräfte)
  • Translation (Scherkräfte)

Wirbelsäulenverletzungen werden meistens durch direkte oder indirekte Gewalteinwirkung als Folge von Verkehrs- oder Sportunfällen und von Stürzen aus großer Höhe verursacht. Brüche der Lenden- oder Brustwirbel kommen häufiger vor als Brüche im Bereich der Halswirbelsäule, wogegen bei Halswirbelsäulenverletzungen im Gegensatz zu Brust- oder Lendenwirbelsäulenverletzungen häufiger neurologische Komplikationen auftreten.

Welche Ziele werden bei der Behandlung von Wirbelsäulenverletzungen verfolgt?

  • Stabilität und Form sollen wiederhergestellt werden
  • Erhalt oder Wiederherstellung der Wirbelsäulenachsen müssen gewährleistet sein
  • Vermeidung oder Minderung von neurologischen Komplikationen
  • Vermeidung funktioneller Verluste
  • Erlangung größtmöglicher Schmerzfreiheit

Welche Vorteile oder Nachteile zieht die operative oder konservative Behandlung der Verletzungen der Wirbelsäule nach sich?

Konservative Behandlung

Vorteile:

  • kein operativer Eingriff mit Operations- und Narkoserisko

Nachteile:

  • lange Immobilisationsphase mit erhöhtem Risiko von Sekundärkomplikationen wie Thrombose, Lungenentzündung, Dekubitus, Abnahme der Muskelmasse und Knochendichte
  • länger bestehende Bewegungs- und Lagerungsinstabilität des Wirbelbruchs
  • erschwerte Mobilisationsphase

Operative Behandlung

Vorteile:

  • Rekonstruktion der frakturierten Wirbelanteile
  • Wiederherstellung der korrekten Wirbelsäulenachsen
  • Rekonstruktion des Bandapparats
  • Vermeidung oder Verringerung neurologischer Komplikationen durch die operative Entlastung von gequetschtem Rückenmark oder Spinalnerven
  • Lagerungs- und Bewegungsstabilität postoperativ
  • Günstige Beeinflussung der Schmerzsituation
  • Gute funktionelle Ergebnisse nach Ausheilung
  • Schnellere Mobilisation und Reintegration des Verletzten in sein gewohntes Umfeld

Nachteile:

  • Operationsrisiko mit Wundinfekten, Nachblutungen oder Organverletzungen
  • Narkoserisiko