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Frakturen der unteren HWS (C3-C7)

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Verletzungen der unteren Halswirbelsäule sind schwerwiegend und treten häufig in Kombination mit neurologischen Komplikationen auf.
Halswirbelsäule seitlich (C1-Th1) Halswirbelsäule von hinten (C1-C7)

Wie werden die Frakturen der unteren Halswirbelsäule eingeteilt?

Aebi hat in Anlehnung an die AO Klassifikation eine Einteilung der Frakturen der unteren Halswirbelsäule (C3-C7) eingeführt, die sich auf die vordere Säule (Wirbelkörper und Bandscheibe) und die posterioren (hinteren) Elemente des Wirbels (Wirbelgelenke und Bandapparat) bezieht.

Vordere und hintere Elemente des Wirbels

Typ A Frakturen
sind Verletzungen, die sich vorwiegend im Bereich der vorderen Säule befinden:

A1:      rein oder vorwiegend knöcherne Verletzung
A1.1:   gleichmäßige Kompression
A1.2:   Kantenabbruch ohne sichtbare Bandverletzung
A1.3:   Keilfraktur ohne sichtbare Bandverletzung

A2:      osteoligamentäre Läsion
A2.1:   Wirbelkörperfraktur, mehrfragmentär, eine Deckplatte betroffen, 1 Bandscheibe verletzt
A2.2:   A2.1 + 2 Bandscheiben betroffen
A2.3:   Trümmerfraktur, Hinterwand weniger als 3 mm disloziert, hintere Elemente nicht sichtbar verletzt

A3:      rein oder vorwiegend ligamentäre Läsion
A3.1:   Zerreißung des vorderen Längsbandes und der Bandscheibe
A3.2:   traumatische Diskushernie

Typ B Frakturen
sind Verletzungen, die sich vorwiegend im Bereich der posterioren Elemente befinden:

B1:      rein oder vorwiegend ossäre Läsion
B1.1:   isolierte Fraktur der hinteren Elemente
           (1) Dornfortsatz
           (2) Bogen
           (3) beides
B1.2:   Fraktur der kleinen Wirbelgelenke ohne Dislokation
           (1) unilateral
           (2) bilateral
B1.3:   Kombination von B1.1 und B1.2
           (1) Dornfortsatz
           (2) Bogen
           (3) beides

B2:      osteoligamentäre Läsion
B2.1:   Fraktur der hinterenElemente mit Subluxation
           (1) Dornfortsatz
           (2) Bogen
           (3) beides

B2.2:   Facettenfraktur (Abscherung) + Subluxation der Nachbarfacetten
           (1) unilateral
           (2) bilateral
B2.3:   Ausbruch der Massa articularis (Bruch durch Pedikel und Bogen)
           (1) unilateral
           (2) bilateral

B3:      rein oder vorwiegend ligamentäre Läsion
B3.1:   Ruptur hinterer Bandkomplex mit Subluxation in den Wirbelgelenken (bilateral)
B3.2:   Ruptur hinterer Bandkomplex mit asymmetrischer Subluxation in den Wirbelgelenken (unilateral)

Typ C Frakturen
sind Verletzungen, die sowohl die vordere Säule als auch die hinteren Elemente betreffen:

C1:      reine oder vorwiegend ossäre Läsion
C1.1:   Berstungsfraktur des Wirbelkörpers in Kombination mit Berstungsfraktur der hinteren Elemente
           (Bogen, Dornfortsatz)
C1.2:   horizontale Fraktur durch Wirbelkörper mit Berstung der hinteren Elemente
           (Bogen, Dornfortsätze)

C2:      osteoligamentäre Läsion
C2.1:   Luxationsfraktur mit Fraktur in den hinteren Elementen
           (1) Bogen + oder Processus spinosus
           (2) Facettenfraktur
           (3) (1) + (2) kombiniert
C2.2:   Keilfraktur des Wirbels mit Zerreißung des hinteren Ligamentkomplexes
           (1) osteoligamentär
           (2) rein ligamentär

C2.3:   Wirbelkörperfraktur (Spaltung im vorderen oberen Anteil + hinteres Fragment mit Dislokation
            größer als 3mm im Spinalkanal) (tear drop fracture)
            (1) osteoligamentär
            (2) rein ligamentär

C3:       reine oder vorwiegend ligamentäre Verletzung
C3.1:    reine Luxation unilateral verhakt
C3.2:    reine Luxation bilateral verhakt
C3.3:    Zerreißung des Diskus und Luxation nach dorsal mit Zerreißung des hinteren Ligamentkomplexes

Welche Symptome kann es bei Brüchen der unteren Halswirbelsäule geben?

In Abhängigkeit vom vorliegenden Frakturtyp können folgende Symptome vorliegen:
  • Schmerzen (lokal, bewegungsabhängig, ausstrahlend)
  • Medulläre Symptome mit inkomplettem oder komplettem Querschnitt
  • Radikuläre Symptomatik
  • Halsumfangsvermehrung durch prävertebrale Einblutung
  • Spinaler Schock
  • Spezifische Symptome der zusätzlichen Begleitverletzungen

Wie wird die Diagnose gestellt?

Bei Verdacht auf eine Halswirbelfraktur setzt das Management des Unfallverletzten ein sehr behutsames Vorgehen voraus. Die Untersuchung, Lagerung und Transport müssen so sicher und schonend erfolgen, dass durch die Manipulationen keine Verschlechterung des Ausgangszustands provoziert wird.

Die klinische und neurologische Untersuchung ergibt Hinweise auf:

  • Die Höhenlokalisation der Verletzung (Kennmuskeln, Reflexstatus, Sensomotorischer Status)
  • Medulläre oder radikuläre Symptomatik
  • Eventuell vorliegende Begleitverletzungen

Die radiologische Diagnostik erfolgt über konventionelle Röntgenaufnahmen der Halswirbelsäule in 2 Ebenen, wobei die Halswirbelsäule schonend unter Zug gehalten werden sollte.
Die wichtigsten Zeichen der Instabilität im konventionellen Röntgen sind:

  • Segmentale sagittale Verschiebung
  • Erweiterung des Bandscheibenraums
  • Subluxation der Facettengelenke
  • Verbreiterung des prävertebralen Weichteilschattens als Zeichen einer Einblutung
  • Knöcherner Abriss der grundplattennahen Wirbelvorderkante (Tear-drop Zeichen) als Hinweis auf eine vorliegende discoligamentäre Instabilität

Die Computertomographie mit Rekonstruktionsaufnahmen ermöglicht eine exakte Darstellung der zerstörten Wirbelanteile, mit der Magnetresonanztomographie können die bestehenden Verletzungen des Rückenmarks, der Spinalnerven und des Bandapparats gut dargestellt werden.

Wie werden die Verletzungen der unteren Halswirbelsäule behandelt?

Bei Verdacht auf eine Halswirbelverletzung muss umgehend eine sichere Ruhigstellung durch steife Orthesen (zum Beispiel stiff-neck) bis zur definitiven Diagnosestellung gewährleistet werden. Absolute Indikation zur operativen Versorgung besteht bei:

  • Kompletter Tetraplegie
  • Inkomplettem Querschnittsyndrom
  • Frakturen mit radikulären Ausfällen durch Wurzelkompression
  • Instabilen Frakturen ohne neurologische Komplikation

Je nach Ausgangsbefund kommen Operationsverfahren mit dorsalem oder ventralem Zugang zur Anwendung.

  • Ventrale Fusion nach Cloward-Robinson
  • Ventrale Corporektomie und Überbrückungsspondylodese mit Titankorb und Platte
  • Ventro-dorsale Repositions-Spondylodese mit ventraler und dorsaler Instrumentation
  • Alleinige dorsale Reposition und Fusion
  • Dorsale Dekompression mit dorsal instrumentierter Fusion