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Rückenschmerzen mit oder ohne Beteiligung der Nervenwurzel

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Was bedeutet „Rückenschmerz mit oder ohne Beteiligung der Nervenwurzel”?

Der Rückenschmerz allein stellt keine eigenständige Erkrankung dar, sondern muss als Warnsignal des Körpers verstanden werden. Hinter dem Symptom „schmerzender Rücken” kann sich eine Vielzahl von Ursachen verstecken, die ohne Behandlung von selbst verschwinden können oder aber für den Patienten weitreichende Folgen nach sich ziehen können. Die Aufgabe des behandelnden Arztes besteht darin, die vom Patienten angegebenen Beschwerden zu sammeln, zu interpretieren und eine Diagnose zu stellen.

Durch die gezielte Befragung, die körperliche und neurologische Untersuchung des Patienten können bereits wertvolle Hinweise darauf gewonnen werden, ob es sich um „einfache” oder „komplizierte” Rückenschmerzen handelt.
Diese Differenzierung ist wichtig, da entschieden werden muss, ob bei dem Patienten zur Diagnosestellung zusätzliche apparative Untersuchungen (konventionelles Röntgen, Computertomografie, Kernspintomografie und andere Verfahren) erforderlich sind, ob eine konservative Behandlung eingeleitet oder sogar ein operatives Vorgehen vorgeschlagen werden muss.

Der unkomplizierte Rückenschmerz ohne Beteiligung der Spinalnervenwurzel kann durch eine Vielzahl von Einzelfaktoren ausgelöst werden (Fehlbelastung, muskuläre Dysbalancen der Rückenmuskulatur, Triggerpunkte und andere) und ist in der Regel durch physikalische Anwendungen, Krankengymnastik, regelmäßige Bewegung, Muskelaufbau und bei Bedarf durch Einsatz leichter entzündungshemmender und schmerzstillender Medikamente gut und nachhaltig zu behandeln.

Rückenschmerzen mit Beteiligung der Nervenwurzel werden auch als radikuläre Schmerzen bezeichnet. Dies bedeutet, dass die Schmerzen durch Druck auf eine Spinalnervenwurzel ausgelöst werden, wodurch Schmerzen, motorische oder sensible Ausfälle im Versorgungsgebiet der entsprechenden Spinalnerven verursacht werden.

Das Rückenmark gibt im gesamten Verlauf 31 Paare von Spinalnerven ab, wodurch sich 31 Spinalsegmente ergeben. Jedes spinale Segment hat ein genau zugeordnetes Gebiet, für das die Informationsübertragung übernommen wird.
Die hintere Nervenwurzel (radix dorsalis) und die vordere Nervenwurzel (radix ventralis) vereinen sich zu einem Spinalnerven, der dann zwischen den Wirbeln durch das Zwischenwirbelloch austritt.
Die hintere Wurzel des Spinalnerven ist eine sensible, sensorische Nervenwurzel, die Empfindungen des Körpers aufnimmt und zum Gehirn leitet, die vordere Nervenwurzel leitet Impulse („Ausführungsbefehle”) an die Organe oder Gewebe (zum Beispiel: Muskeln), an denen ein bestimmter Vorgang ausgeführt werden muss.
Die „auf- oder wahrnehmende" Funktion des Nerven wird afferent, die „ausführende" Funktion efferent genannt.
Die Zuordnung in die Rückenmarksegmente bezieht sich immer auf den Bereich, wo die Spinalnerven durch das Zwischenwirbelloch zweier benachbarter Wirbel das Rückenmark verlassen und zu ihrem Versorgungsgebiet ziehen.

In den Tabellen finden Sie Beispiele der Spinalsegmente von Hals- und Lendenwirbelsäule mit ihren Kennmuskeln und den Arealen, in denen bei Druck auf die entsprechende Spinalnervenwurzel Schmerzen oder Gefühlsstörungen zu erwarten sind:

Spinalnervensegmente der Halswirbelsäule

Segment Kennmuskel Reflexabschwächung Dehnungsschmerz der Nerven
C5 Schulter und seitlicher Oberarm m.deltoideus
C6 Radialer Ober-und Unterarm, Daumen m.biceps, m.brachioradialis Radiusperiost
C7 Unterarmrücken, Mittel- und Zeigefinger Daumenballen, m.pronator teres Trizeps
C8 Unterarmrücken, Klein- und Ringfinger Kleinfingerballen, mm.interossei, Fingerbeuger


Spinalnervensegmente der Lendenwirbelsäule

Lenden-
Wirbel-
segment
Region der empfundenen Schmerzen und der Gefühlsstörungen Kennmuskel der motorischen Störung Reflexabschwächung Dehnungsschmerz der Nerven
L1/L2 Leistengegend Iliopsoas Dehnungsschmerz des nervus femoralis
L3 Außen-und Vorderseite des Oberschenkels Iliopsoas, Quadrizeps Patellarsehnenreflex Dehnungsschmerz des nervus femoralis
L4 Außen-und Vorderseite des Oberschenkels, Innenseite von Unterschenkel und Fuß Quadrizeps Patellarsehnenreflex Dehnungsschmerz des nervus femoralis positiver Lasègue
L5 Außenseite Unterschenkel, innen liegender Fußrücken, Großzehe Extensor hallucis longus positiver Lasègue
S1 Hinterseite Unterschenkel, Ferse, äußerer Rand der 3.-5. Zehe Trizeps surae Achillessehnenreflex positiver Lasègue

Radikuläre Schmerzen mit eindeutigen Auffälligkeiten in den entsprechenden Versorgungsgebieten der jeweilig betroffenen Spinalnerven können durch Druck auf die Spinalnervenwurzel bei folgenden Erkrankungen entstehen:

  • Bandscheibenvorfall
  • Spinalkanalstenose (Verengung des Rückenmarkkanals)
  • Tumorwachstum
  • Entzündliche Erkrankungen der Wirbelsäule
  • Verletzungen der Wirbelsäule mit Kompression der Spinalnerven

Bei eindeutigen radikulären Symptomen wird die Diagnose über zusätzliche apparative Untersuchungen gestellt, die Therapie ergibt sich individuell aus den erhobenen klinischen und apparativen Befunden und der vorliegenden Symptomatik.