Sie sind hier: Startseite > Hauptmenü > Wirbelsäulenerkrankungen > Skoliose/Deformitäten
> Definition Epidemiologie, Symptome > Klassifikation (King, Lenke) > Diagnostik > Therapie > Geschichte der Skoliosetherapie > Idiopathische Skoliose > Formationsstörung > Segmentationsstörungen > Meningomyelocele > Infantile Cerebralparese > Spinale Muskelatrophie

Definition, Epidemiologie, Symptome

Download

Was ist eine ”Skoliose”?

Die Skoliose ist eine komplexe dreidimensionale Deformität der Wirbelsäule, die strukturelle Veränderungen in den drei Ebenen der Wirbelsäule (Frontal-, Sagittal- und Transversalebene) nach sich zieht und in allen Wirbelsäulensegmenten auftreten kann.
Das Wort „Skoliose” kommt aus der griechischen Sprache und bedeutet „krumm” (scolios). Bei der Skoliose zeigt sich in der Frontalebene eine (teil) fixierte seitliche Verbiegung der Wirbelsäule mit Deformierung der Wirbelkörper. In der Transversalebene kommt es im Scheitelbereich der Skoliose zu einer Rotation (Drehung) der Wirbel um die eigene Achse, wobei es zusätzlich zu einer Torsion (spiralförmigen Verwindung) der Wirbelsäule im betroffenen Bereich kommt. In der Sagittalebene kommt es zur Veränderung der physiologischen Krümmungen (Kyphose und Lordose), wobei es je nach vorliegendem Skoliosetyp zur Zunahme oder Abnahme der Kyphose- oder Lordosekrümmung kommen kann. Durch die Verdrehung kann auf der Konvexseite der Wirbelsäulenverkrümmung der Rippenbuckel, auf der Gegenseite (Konkavseite) das Rippental entstehen. Die seitliche Verbiegung der Wirbelsäule ist weder aktiv noch passiv komplett ausgleichbar. Bei fortschreitender seitlicher Verbiegung der Wirbelsäule kommt es zu einer zunehmenden Versteifung der Wirbelsäulensegmente. Man unterscheidet die aktiv und passiv nicht vollständig ausgleichbare strukturelle Skoliose mit Deformation und Rotation der Wirbelkörper von der rein funktionellen Skoliose. Die funktionelle Skoliose findet sich meistens bei Haltungsschäden, wie zum Beispiel Beinlängendifferenzen. In diesen Fällen ist die Skoliose nicht fixiert, sie ist im Liegen ausgleichbar.
Morphologisch kommt es durch die zunehmende Fehlstellung der Wirbelkörper zu strukturellen Veränderungen an den gesamten Wirbelkörperelementen (Wirbelkörper, Dorn-, Quer- und Bogenfortsätze, Bogenwurzeln und Bogengelenke).

Zum besseren Verständnis der Körpergeometrie sind aus den unten stehenden Bildern die Körperebenen und medizinischen Richtungsangaben ersichtlich.

Körperebenen und Richtungsangaben Skoliose, Frontalebene und Skoliose, Sagittalebene

Wie werden die Skoliosen eingeteilt?

Man teilt die Skoliosen in folgende Gruppen ein:

• Idiopathische Skoliose

80-90% aller Skoliosen bezeichnet man als „idiopathisch”. (griechisch:idios=selbst, pathos=Leiden, Erkrankung). Das bedeutet, dass es sich um eine Skolioseform handelt, deren Entstehung und Ursache bislang nicht geklärt ist. Die idiopathischen Skoliosen werden nach dem Alter des jeweiligen ersten Auftretens in folgende Untergruppen geteilt:

  • Infantile idiopathische Skoliose (Erstmanifestation der Skoliose bis zum 3. Lebensjahr)
  • Juvenile idiopathische Skoliose (Erstmanifestation zwischen dem 3.-10. Lebensjahr)
  • Adoleszente idiopathische Skoliose (Erstmanifestation zwischen dem 10. Lebensjahr und dem Abschluss des Wachstums)

• Kongenitale Skoliose

Unter einer kongenitalen (angeborenen) Skoliose versteht man eine Wirbelsäulendeformität mit Seitverbiegung und Verdrehung der Wirbelsäule, die durch angeborene Störungen in der embryonalen Wirbelentwicklung die Ausbildung von einem oder mehreren fehlgebildeten Wirbeln verursacht. Die unvollständig ausgebildeten Wirbel führen zu einem asymmetrischen Wachstum der Wirbelsäule. Fehlangelegte Wirbel können in jedem Wirbelsäulenabschnitt auftreten. Durch so genannte Formationsstörungen, Segmentationsstörungen oder kombinierte Formen von Wirbelfehlanlagen wird das normale Wachstum der Wirbelsäule gestört und es kann dadurch in der weiteren Entwicklung der Wirbelsäule zur Ausbildung einer Skoliose kommen. Kongenitale Skoliosen treten selten auf, können aber wegen der Schwere der Wirbelsäulendeformität eine frühzeitige Operation erforderlich machen.

• Neuromuskuläre Skoliose

Man beschreibt damit Krankheitsbilder, die primär durch neurologische oder muskuläre Erkrankungen entstehen und durch eine Vielzahl von Symptomen in unterschiedlicher Ausprägung bestimmt sind (zum Beispiel Störungen des Haltungs- und Bewegungsapparats, geistiger Behinderung oder Schädigung der Sinneswahrnehmung). Viele dieser Erkrankungen beginnen bereits im Kindesalter und können, neben der Vielzahl der vorherrschenden Einzelsymptome, durch die neuromuskuläre Störung des Haltungsapparats mit lokal oder generalisiert auftretenden Muskeldysfunktionen im Verlauf der Erkrankung auch zur Ausbildung einer Skoliose führen.

Wie häufig tritt die Skoliose auf (Epidemiologie)?

In der Literatur gibt es bei der Angabe der Häufigkeit des Auftretens einer Skoliose weltweit eine große Schwankungsbreite. Dies hängt mit unterschiedlichen Definitionen zusammen, ab welchen Kriterien eine Skoliose vorliegt. Die Angaben schwanken zwischen 0,1 und 15%, im Durchschnitt kann man eine Häufigkeit von ca. 4% annehmen. In Deutschland sind etwa 400000 Menschen von einer Skoliose betroffen.
Cirka 90% aller Skoliosen sind idiopathische Skoliosen, von der Mädchen viermal so häufig betroffen sind als Jungen. Die restlichen 10% diagnostizierter Skoliosen verteilen sich auf die kongenitalen und neuromuskulären Skoliosen.

Welche Symptome kann eine Skoliose verursachen?

Im Anfangsstadium kann die Skoliose bei Kindern keinerlei Beschwerden verursachen, weshalb diese Erkrankung häufig nur durch Zufall entdeckt wird. Bei einer fortgeschrittenen Skoliose können sich folgende Symptome zeigen:

  • Nicht lotgerechter Verlauf der Dornfortsatzreihe
  • Verschiedene Höhe des Schulterstandes
  • Rippenbuckel, der durch die Rotation der Wirbel auf der konvexen Seite der Skoliose entsteht
  • Rippental, das ebenfalls durch die Rotationsasymmetrie der Wirbel entsteht und auf der Konkavseite der skoliotischen Krümmung liegt
  • Lendenwulst bei einer lumbalen Skoliose durch die Hervorhebung der paraspinalen Muskulatur auf der Konvexseite
  • Verstrichene Taillendreiecke
  • Schräge Kopfhaltung
  • Seitlicher Rumpfüberhang
  • Rückenschmerzen
  • Deformität des Brustkorbs                                                                                                            Bei einer fortgeschrittenen Deformierung des Brustkorbs kann es zur Kompression von Herz und Lunge kommen, wodurch die Herz- Kreislauf- und Atemfunktion stark beeinträchtigt werden kann.
  • Einschränkung der Leistungsfähigkeit und der Lebensqualität
  • Degenerative Veränderungen an den betroffenen Wirbelsäulensegmenten