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Idiopathische Skoliose

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Was ist eine Idiopathische Skoliose?

80-90% aller Skoliosen sind idiopathische Skoliosen, der Rest verteilt sich auf die neuromuskulären und kongenitalen Skoliosen, die nachvollziehbare Grunderkrankungen für die Entstehung einer Skoliose aufweisen. Mädchen sind etwa viermal häufiger betroffen als Jungen.
Idiopathisch bedeutet, dass dieses Leiden "aus sich heraus entsteht", letztendlich die Ursachen nicht bekannt sind (griechisch: "idios, selbst"; "pathos, Leiden)".
Die idiopathische Skoliose ist eine dreidimensionale Wirbelsäulendeformität, bei der bis heute der exakte Entstehungsmechanismus ungeklärt ist.
Die Dreidimensionalität der Skoliose bringt zum Ausdruck, dass sich die Veränderungen an der Wirbelsäule in den drei Körperebenen, der Frontal-, Sagittal- und Transversalebene abspielen. In der Frontalebene kommt es zur Seitabweichung, in der Transversalebene findet die Rotation der Wirbel in den betroffenen Segmenten um ihre eigene Achse sowie die Torsion, eine schraubenförmige Verwindung der Wirbelsäule statt.
Eine weitere Veränderung zeigt sich in der Sagittalebene, in der sich die typischen seitlichen Konturen der Wirbelsäulenschwingungen (Kyphose und Lordose) verändern können. Skoliosen im Bereich der Brustwirbelsäule weisen häufig eine Abflachung des sagittalen Profils mit Bildung eines thorakalen Flachrückens auf, Skoliosen im Übergangsbereich der Brust- zur Lendenwirbelsäule zeigen oft eine Kyphosierung (Rundrückenbildung) dieses Bereichs. Durch die Deformierung der Wirbelsäule kommt es zu strukturellen Veränderungen der Bewegungssegmente mit rasch einsetzenden und zunehmenden Veränderungen der Wirbel, Wirbelgelenke, Bandscheiben und des Bandapparats, was durch die veränderte statische Belastung der Segmente verursacht wird.

Welche Faktoren werden als Auslöser für die idiopathische Skoliose diskutiert?

  • Genetische Faktoren                                                                                                          Studien haben eine familiäre Häufung der Skoliose nachgewiesen.
  • Wachstumsschub                                                                                                                      Es besteht die Möglichkeit, dass die Wirbelsäule im Wachstumsschub weniger Stabilität besitzt und dadurch in Kombination mit Haltungsfehlern anfälliger für die Ausbildung von Fehlstellungen ist.
  • Körperhaltung                                                                                                                            In Vergleichsstudien von Skoliosepatienten mit Patienten ohne Wirbelsäulenbefund wurde nachgewiesen, dass unter den Patienten mit einer Skoliose ein wesentlich größerer Anteil von Personen mit einer Störung der propriozeptiven Funktionen gefunden wurde. Propriozeptive Funktionen beinhalten die Fähigkeit zur Tiefenwahrnehmung zum Beispiel des Muskeltonus. Ist diese Funktion gestört, kann es zur Veränderung der Körperhaltung und damit zur Ausbildung von Fehlstellungen kommen.
  • Mechanische Faktoren                                                                                                  Biomechanische Studien haben gezeigt, dass eine Bewegung der Wirbelsäule in Richtung einer der bestehenden Körperachsen, eine Gegenbewegung einer der anderen Körperachsen nach sich zieht. Dieses Phänomen wird als "Coupling Effekt" bezeichnet. Dieser Effekt und das unterschiedliche Rotationsverhalten der Wirbel in einem lordotischen oder kyphotischen Wirbelsäulenabschnitt bei einer einwirkenden axialen Kraft (zum Beispiel in einem Wachstumsschub) können eine Seitverbiegung der Wirbelsäule mit Rotation der Wirbel verursachen.

Wie werden die idiopathischen Skoliosen eingeteilt?

Es gibt keine international einheitliche Einteilung der idiopathischen Skoliose. Gebräuchlich sind, neben vielen anderen Gruppierungsmöglichkeiten, Einteilungen, die sich auf das Lebensalter des Erstauftretens der Skoliose oder auf Form und Krümmungstyp der Skoliose beziehen.

Auf der Grundlage des Altersabschnitts der Erstdiagnosestellung unterscheidet man:

  • Infantile Skoliose                                                                                                                  Dieser Typ tritt bis zum 3. Lebensjahr auf, ist selten und zeigt gehäuft Skoliosen im Bereich der Brustwirbelsäule.
  • Juvenile Skoliose                                                                                                                       Der juvenile Typ tritt zwischen dem 4.- und 10. Lebensjahr auf und zeigt sowohl Skoliosen im Brustwirbel- als auch im Lendenwirbelbereich. Die Häufigkeitsverteilung zwischen Mädchen und Jungen ist etwa identisch.
  • Adoleszente Skoliose                                                                                                                Sie tritt ab dem 11. Lebensjahr auf, ist die häufigste Form und betrifft Mädchen cirka viermal so häufig als Jungen. Oft zeigen sich Skoliosen im Brutwirbelsäulenbereich.
  • Adulte Skoliosen, die im Erwachsenenalter auftreten.

Mit Bezug auf den Krümmungstyp unterscheidet man Skolioseformen, die im Bereich der Hals-, Brust- oder Lendenwirbelsäule, sowie in den Übergangsbereichen okzipitozervikal, zervikothorakal, thorakolumbal oder lumbosakral liegen.

Was muss bei der Stellung der Operationsindikation beachtet werden?

Die Entscheidung, eine Skoliose operativ zu behandeln, hängt von verschiedenen Faktoren ab:
  • Zunahme der Skoliosekrümmung (Progression)
  • Bestehendes ungünstiges sagittales Profil
  • Schmerzen
  • Vermeidung sekundärer Komplikationen (Herz-Kreislaufsystem und Lunge)
  • Faktoren, wie Patientenalter, Cobb-Winkel, individuelle Beeinträchtigung und Leidensdruck fließen zusätzlich in diesen Entscheidungsprozess ein.

Bei der Wahl der Operationstechnik sind folgende Faktoren zu berücksichtigen:

  • Flexibilität der Haupt- und Gegenkrümmung (Rigidität)
  • Sagittales Profil
  • Stable zone
  • Bestimmung der Endwirbel für die Instrumentation

Was sind die Ziele der operativen Korrektur der Skoliose?

Ziel ist die dreidimensionale Wiederherstellung der Wirbelsäule:
  • In der Frontalebene muss durch eine Distraktion die Aufrichtung der Skoliose aus der seitlichen Krümmung in eine lotgerechte Stellung erfolgen.
  • In der Transversalebene erfolgt über eine Derotation die Behebung der Rotations- und Torsionsfehlstellung.
  • In der Sagittalebene muss das seitliche Profil der Wirbelsäule wieder hergestellt werden.
  • Die Instrumentation sollte primär stabil sein, damit eine Nachbehandlung ohne Korsett erfolgen kann, was bei einer dorsalen Instrumentation mit Pedikelschrauben und einer Doppelstab-Instrumentation ermöglicht wird. Bei ventralen Eingriffen muss die Notwendigkeit einer Nachbehandlung mit einem Korsett davon abhängig gemacht werden, wie gut die Qualität des Knochens ist. Bei schlechter Knochenqualität kann eine Korsettbehandlung für zwei bis drei Monate postoperativ erforderlich werden. Bei intakter Knochenqualität ist ansonsten bei den ventralen Eingriffen, die ventral mit einem Korb (Cage) abgestützt werden, in der Regel keine postoperative Korsettversorgung erforderlich.
  • Die Fusionsstrecke (Länge der Versteifung) muss so kurz wie möglich gehalten werden, um eine gute Restbeweglichkeit der Wirbelsäule auf Grundlage des individuellen Befunds zu ermöglichen.


Die dreidimensionale Korrektur kann durch eine ventrale oder durch eine dorsale Instrumentation erreicht werden.

a. Dorsale Instrumentation

Durch die dorsale Instrumentation, die heute im wesentlichen über Pedikelschrauben sowohl im thoracalen als auch im lumbalen Bereich ausgeübt wird, kann zunächst nach entsprechender Mobilisation der Gelenke eine gute Korrektur in der Frontalebene erreicht werden. Das sagittale Profil ist nur bedingt beeinflussbar. Deswegen ist bei vorbestehender ausgeprägter thoracaler Lordose immer eine ventrale Release-Operation notwendig. Auch die axiale Rotationsebene kann durch die dorsale Stabrotation nur bedingt beeinflusst werden, da mit der Stabrotation keine Rotation der Wirbelsäule vorgenommen wird. Vielmehr handelt es sich dabei um eine Translation des instrumentierten Wirbelsäulenabschnittes in der Transversalebene.

b. Ventrale Instrumentation

Die ventrale Instrumentation geht auf Dwyer und Zielke zurück. Sie hat den großen Vorteil, dass bei dieser Operation die Bandscheiben ausgeräumt werden, so dass es möglich ist, auch eine direkte, segmentale Rotation zwischen den Wirbelkörpern vorzunehmen, was bei der dorsalen Instrumentation (s. oben) nicht möglich ist. Gleichzeitig muss man bei der ventralen Instrumentation bedenken, dass die Entfernung der Bandscheiben zu einer Verkürzung der vorderen Säule führt, so dass bei der ventralen Instrumentation immer ein kyphosierender Effekt entsteht. Diesen kyphosierenden Effekt kann man sich sehr gut bei thoracalen Skoliosen, die ja häufig mit einer thoracalen Lordose einhergehen, zunutze machen. Deswegen sind unter heutigen Gesichtspunkten die thoracalen Skoliosen mit einer apikalen Lordose die ideale Indikation für eine ventrale Instrumentation. Daneben eignen sich die lumbalen und thoracolumbalen Krümmungen sehr gut für eine ventrale Instrumentation. Hier ist allerdings darauf zu achten, dass die Operation immer mit einer ventralen Abstützung zwischen den Wirbelkörpern kombiniert wird, um den kyphosierenden Effekt der ventralen Instrumentation (s. o.) zu vermeiden.

c. Kombinierter Zugang

Bei sehr rigiden Skoliosen und vor allen Dingen bei Doppelkurven ist häufig ein ventrales Release, entweder im thoracalen oder im lumbalen Bereich notwendig, das dann von einer dorsalen Instrumentation gefolgt wird. Nach einem ventralen Release lässt sich durch die dorsale Instrumentation auch sehr gut das axiale Profil und die Rotation beeinflussen, da ja die Bandscheibe ausgeräumt ist und somit eine direkte Rotation möglich ist, die ohne Bandscheibenrauräumung eben nicht durchzuführen ist.

Als wichtiges Ziel der Operation muß neben der Korrektur in der Frontalstellung vor allen Dingen die Wiederherstellung eines sehr guten sagittalen Profils angesehen werden. Ein weiteres wichtiges Ziel ist die Horizontalisierung des zuletzt instrumentierten Wirbelkörpers. Dies bedeutet, dass der caudal zuletzt instrumentierte Wirbelkörper horizontal zum Sakrum stehen sollte. Die dorsale Instrumentation hat den großen Vorteil, dass die postop. Behandlung in der Regel korsettfrei durchführbar ist. Bei der ventralen Instrumentation ist, in Abhängigkeit von der Knochenqualität eine 2 bis 3-monatige Ruhigstellung in einem Korsett postoperativ notwendig.

Welche Erscheinungsformen gibt es und wie können sie operativ korrigiert werden?

Zunächst muss man zwischen Skoliosen im Brustwirbelsäulen- und Lendenwirbelsäulenbereich (Thorakal- und Lumbalskoliose) unterscheiden. Dann gibt es die Unterscheidung, ob eine einbogige oder eine doppelbogige Skoliose vorliegt. Die doppelbogigen Skoliosen treten in der Regel im Brust- und Lendenwirbelbereich gemeinsam auf. Die große einbogige Skoliose im Sinne eines großen C tritt bei der idiopathischen Skoliose seltener, bei der neuromuskulären Skoliose dagegen gehäuft auf.

Thorakale Krümmungen

Unter thorakalen Skoliosen versteht man Skoliosen, die ihre Primärkrümmung im Bereich der Brustwirbelsäule haben und die kompensatorische Gegenkrümmung lumbal liegt. Bei einer zusätzlichen hochthorakalen Gegenkrümmung muss diese in die Instrumentation einbezogen werden, da ohne Einbeziehung dieser hochthorakalen Gegenkrümmung eine Dysbalance trotz gut korrigierter Hauptkrümmung auftreten kann. Die thorakalen Skoliosen zeigen als besonderes Merkmal eine Veränderung des sagittalen Profils dahingehend, dass sie eine Tendenz zur Ausbildung einer Hypokyphose (Flachrücken) bis hin zur Lordose (Hohlrückenform) der Brustwirbelsäule aufweisen. Diese sagittale Fehlstellung wird zum Beispiel von Dickson als Primärursache für die Skoliose angesehen. Thorakale Skoliosen können durch Operationsverfahren mit einem ventralen (vorderen), dorsalen (hinteren) oder kombinierten Zugangsweg zur Wirbelsäule korrigiert werden.

Operationsverfahren über einen ventralen Zugangsweg

Die Mehrzahl der thorakalen Skoliosen vom Typ Lenke 1A, 1B, 1C und 3C kann häufig durch ein rein ventrales Operationsverfahren mit sehr guten Ergebnissen dreidimensional korrigiert werden. Der Vorteil des ventralen Verfahrens besteht darin, dass immer eine Verkürzung der vorderen Säule durch die Entfernung der Bandscheiben erreicht wird, wodurch automatisch eine hypokyphotisch-lordotische Fehlstellung im sagittalen Profil in eine Normalkyphose überführt werden kann.

Operationsverfahren über einen dorsalen Zugangsweg

Ein dorsaler Zugangsweg sollte dann in Betracht gezogen werden, wenn neben der thorakalen Primärkrümmung eine zusätzliche rigide, hochthorakale Gegenkrümmung besteht. Wenn diese hochthorakale Gegenkrümmung nicht in die Operation einbezogen wird, kann es zu einer Dekompensation kommen, da die Spontankorrektur dieser hochthorakalen Gegenkrümmung unzureichend ist.
Ein Operationsverfahren nur über einen dorsalen Zugang wählt man, wenn:

  • Eine gute Mobilität der Primärkrümmung vorliegt, was leicht im Bending-Test überprüft werden kann
  • Keine ausgeprägte thorakale Hypokhose-Lordose vorliegt

Operationsverfahren über kombinierte ventrale und dorsale Zugangswege

Kombinierte Verfahren kommen immer dann zur Anwendung, wenn die Primärkrümmung eine sehr rigide Kurve aufweist und das sagittale Profil der Wirbelsäule ungünstig ist. Beim Vorliegen einer rigiden Haupt- und zusätzlichen hochthorakalen rigiden Nebenkrümmung kommt das kombinierte Operationsverfahren ebenfalls zum Einsatz. In diesen Fällen kann die Rigidität (Steifheit) der Wirbelsäule durch eine ventrale Release-Operation (Lockerung) verbessert werden und in der gleichen oder einer 2. Operation von dorsal instrumentiert werden, wodurch sehr gute dreidimensionale Korrekturen erzielt werden können. Das sagittale Profil der Wirbelsäule spielt eine große Rolle, ob man eine ventrale Release Operation mit oder ohne ventraler Instrumentation durchführt. Bei einer ausgeprägten thorakalen Lordose ist immer ein ventrales Release notwendig, um eine genügende Rekyphosierung der Brustwirbelsäule zu erreichen.
Bei sehr rigiden Skoliosen kann eine präoperative Extensionsbehandlung mittels einer Halo-Extension zur Anwendung kommen. Hierbei wird durch ein spezielles angebrachtes System permanent Zug in Richtung der Längsachse der Wirbelsäule ausgeübt, um bereits vor der Operation die eingesteifte Krümmung zu lockern. Dieses zusätzliche Verfahren sollte bei sehr rigiden Skoliosen mit einem Krümmungswinkel über 70° nach Cobb zum Einsatz kommen. Bei massiv eingesteiften Skoliosen muss manchmal so vorgegangen werden, dass zunächst eine 2-wöchige Halo-Extension durchgeführt wird, anschließend das ventrale Release erfolgt und erst nach einer erneuten 2-wöchigen Halo-Extensionsbehandlung die dorsale Instrumentation erfolgt. Durch dieses aufwändige therapeutische Vorgehen lassen sich auch bei massiv rigiden Skoliosen sehr gute Korrekturergebnisse erzielen.

Thorakolumbale und lumbale Krümmungen

Diese Krümmungstypen können über einen ventralen Operationszugang ideal versorgt werden. Dwyer und Zielke haben dieses Operationsverfahren in den 70er Jahren vorangetrieben. Nach der Einführung des CD-Instrumentariums von Cotrel-Dubousset kam dieses Verfahren zunächst in Verruf, da zwar sehr gute Korrekturergebnisse in der Frontalebene im Sinne der Wirbelsäulenaufrichtung erzielt wurden, häufig aber eine unzureichende Korrektur, manchmal sogar eine Verschlechterung des sagittalen Wirbelsäulenprofils mit diesen Verfahren verbunden war.
Die von Harms vorgeschlagenen Veränderungen in den ventralen Operationsverfahren, inbesonders die Verwendung von strukturellen ventralen Abstützmaterialien (Cages), haben dazu geführt, dass die oben beschriebenen Nachteile, die Ausbildung einer lumbalen Kyphose, völlig zu vermeiden sind.
Deshalb kann heute bei den meisten thorakolumbalen oder lumbalen Krümmungen die so genannte ventrale lordosierend-derotierende Spondylodese mit guter ventraler Abstützung zwischen den Wirbelkörpern als Therapie der Wahl angesehen werden. Wenn sehr rigide thorakolumbale und lumbale Skoliosen mit einer ausgeprägten thorakolumbalen Kyphose vorliegen, kann auch bei diesen Krümmungstypen ein kombiniertes operatives Vorgehen erforderlich werden.
Durch ein ventrales Release und einer dorsalen Instrumentation mit einem Doppelstabsystem können auch bei diesen Befunden sehr gute Korrekturergebnisse erzielt werden, die häufig eine Nachbehandlung ohne Korsett ermöglichen.
Diese Technik kommt häufig bei älteren Patienten zur Anwendung.

Double Major Kurve

Bei diesem Krümmungstyp handelt es sich um doppelbogige Kurven, die meistens eine rechtskonvexe thorakale und eine linkskonvexe lumbale Krümmung aufweisen. Das Problem dieses Typs ist darin zu sehen, dass die Skoliose oft erst spät erkannt wird, da sich die beiden gegenläufigen Krümmungen gut kompensieren und dadurch erst spät klinische Auffälligkeiten entstehen. Bei der Double Major Kurve ist das sagittale Profil meistens nicht so ungünstig verändert wie bei den thorakalen oder lumbalen Skoliosen.
Früher war man bei der operativen Versorgung dieses Kurventyps eher zurückhaltend. Man hat mittlerweile herausgefunden hat, dass ausgeprägte lumbale Krümmungen, die zwar in der Jugend kaum Probleme verursachen, im weiteren Verlauf doch die Grundlage für das frühe Einsetzen von degenerativen Veränderungen der fehlbelasteten Bandscheiben mit Schmerzen nach sich ziehen. Deshalb sollte auch beim Vorliegen dieser Doppelkurven, gerade auch bei Doppelkurven mit einer Progressionstendenz, zu einem operativen Vorgehen geraten werden. Bei der Versorgung der Double Major Kurven können sowohl dorsale als auch ventrale Operationsverfahren zum Einsatz kommen.
In der Regel zeigen diese Doppelkurven eine gute Flexibilität, so dass sie sich für die alleinige dorsale Instrumentation eignen. Mit der Verwendung von Pedikelschrauben kann das frontale und sagittale Wirbelsäulenprofil sehr gut korrigiert werden. Sollten die Bendingtests beim Vorliegen einer Double Major Kurve zeigen, dass eine der beiden Krümmungen nur ungenügend aufgerichtet werden kann oder ein unzureichendes seitliches Profil besonders in der Thorakalebene besteht, kann man auch eine ventrale Instrumentation über beide Kurven durchführen.
Mit dem ventralen Vorgehen ist es dann oft möglich, die Versteifungsstrecke nach unten zu verkürzen. Die Möglichkeit der Einsparung eines zu versteifenden Segments kann schon ein Grund sein, bei diesen Befunden das ventrale Vorgehen zu empfehlen, da jedes zusätzliche bewegliche Segment in der Lendenwirbelsäule für die Gesamtfunktion der Wirbelsäule von großer Bedeutung sein kann.